Thompson Spring oder warum fahren Sie eigentlich immer dran vorbei?
Thompson Spring liegt an der I 70, nur ca. 7 Meilen östlich von Crescent Junction, der Abfahrt auf die US 191 in Richtung Moab. Kommt man aus Richtung Moab kann man schon ca. 3-4 Meilen vor der Autobahn auf eine Gravelroad nach rechts abbiegen. Das ist dort, wo rechts der letzte Hügelzug endet. An diesem Platz befand sich im Übrigen früher die Siedlung Valley City. Neben der US 191 zwischen Fahrbahn und Eisenbahn sieht man als letzten Überrest einen Kellereingang. In den Hügeln kann man noch das alte Valley City Reservoir mit seinem gebrochenen Damm finden. Truly a ghostly place! Die Gravel Road führt direkt zur Abfahrt Thompson Spring. Sie ist auch für Pkw gut befahrbar, aufgrund dessen, dass sie auf Mancos Shale verläuft, bei nassem Wetter aber unpassierbar.
Thompson Spring erscheint von der Interstate praktisch nur als ein Platz für eine Tankstelle, die aufgrund ihrer Lage nicht gerade die niedrigsten Preise hat. Aber der Ort, der schon fast eine Ghosttown ist, hat mehr zu bieten. Eigentlich schade, wenn man achtlos daran vorbei fährt!
Etwas zur Geschichte:
Der Ort entstand im Zuge des Eisenbahnbaus. Wegen der Quelle konnten die Züge Wasser fassen. Relativ schnell entwickelte sich eine nicht unbedeutende Siedlung, die noch lange bis ins 20. Jh. wesentlich bedeutender als Moab war. Auch Kohle hat eine Rolle in der Geschichte, ebenso wie Viehzucht.
Fast eingegangen ist Thompson Spring, als die Interstate den Ort umging und die Reisenden nun daran vorbeifuhren. Der Niedergang begann aber schon früher. Heute leben nur noch wenige Menschen dort.
Sehenswertes:
Das Restaurant/Cafe:
Am alten Highway, der mehr oder weniger parallel zur Eisenbahn durch den Ort führt, findet sich ein wahres Kleinod - direkt an der grössten Kreuzung im Ort, wo es auch über die Schienen geht. Es ist ein 50er-Jahre Restaurant/Cafe, vollständig erhalten und obwohl schon seit ca. 30 Jahren geschlossen in einem sehr guten Zustand. Mit langem Tresen, Chromgestell-Barhockern und was sonst noch dazugehört. Wenn man durch die angestaubten Scheiben ins Innere blickt, meint man unwillkürlich, hinter einem müssten Strassenkreuzer mit Heckflossen parken!
Irgendwie erinnert das Innere an Edward Hoppers Bild "Nighthawks".
( wers nicht kennt: http://www.ibiblio.org/wm/pain…eet/hopper.nighthawks.jpg )
Nur eben ausgestorben. In diesem Lokal sind übrigens Szenen von "Thelma und Louise" entstanden.
Das Motel:
Direkt daneben ein altes Motel, verlassen, schmutzig, die Zimmer zur Strasse teilweise offen. Manche haben noch Einrichtigsteile, Badezimmer gibt es auch noch. vermutlich ebenfalls nach Fertigstellung der I 70 eingegangen. Ein schönes Beispiel für "Reisekultur" vor 40/50 Jahren.
Die Train Station:
Sieht intakt aus und ist es auch. Aber allem Anschein nach unbesetzt! Noch bis in die 40er Jahre des 20. Jh. hielten transkontinentale Reisezüge. Nach Auskunft eines Lokführers der Denver & Rio Grande Western ist es heute eine der letzten "Flag-Stations" im US-Schienennetz, - somit ein echtes Relikt des alten Westens. Will man an einer Flag-Station aussteigen, dann muss man dem Zugpersonal zuvor Bescheid sagen, damit der Train stoppt. Relativ einfach! Aber wie kann man einsteigen? Auch nicht so schwer - man muss, wenn sich der Zug nähert, eine Flagge schwenken und sich so bemerkbar machen. Gut, dass die Reisegeschwindigkeiten amerikanischer Züge nicht allzu hoch liegen.
Ghost Town ?:
Einige alte Gebäude existieren noch, manche sind unbewohnt, manche nicht. Also Vorsicht und Respekt beim Erkunden! Auf einem Grundstück nördlich der Bahnlinie hat eine typische 40/50er-Jahre Limousine ihre vorerst letzte Rast gefunden. Das wahrscheinlich schon seit einigen Jahrzehnten. Ein pittoreskes Photoobjekt. F+ür technisch Interessierte: Der Motor - ein gewichtiger Gusseisen-V8 liegt ausgebaut neben dem Fahrzeug und wer motortechnisch versiert ist wird auch erkennen, warum die Maschine ausgebaut wurde!
Sego und die Kohle:
Direkt nördlich von Thompson Spring beginnen die Book Cliffs. Im Sego Canyon nur wenige Meilen nördlich findet sich die Ghost-Town Sego, eine Coal Minig Town. Die Anfahrt über Schotter ist leicht, bei Regen sollte man wegen möglicher flash flood davon Abstand nehmen.
Sego entstand im 19. Jh. aufgrund der entdeckten Kohle, die als besonders sauber und brennkräftig galt. Sie wurde erst mit Fuhrwerken nach Thompson zur Eisenbahn und von dort nach Salt Lake City transportiert, später baute man einen Abzweig der Eisenbahn durch den Sego Canyon bis zur Mine. Einen tiefen Geländeeinschnitt für die Geleise mit bedrohlich hohen, steilen Wänden kann man heute mit dem Auto durchfahren.
Ende der 40er Jahre ging die Mine, die zwischenzeitlich auch den Dampfloks der Eisenbahn Brennstoff geliefert hatte, wegen Misswirtschaft in Konkurs. In einer Art Aufstand übernahm die Belegschaft die Mine und das Ganze wurde für wenige Jahre wieder profitabel. Das endgültige Aus in den frühen 50ern kam durch den Umstieg der Eisenbahn auf Dieseltraktion - damit fehlte der Hauptabnehmer direkt vor der eigenen Tür. Hinzu kamen Wassermangel und einige mysteriöse Unglücke. Die Mine wurde aufgegeben. Die meisten Miner transportierten ihre Häuser nach Moab, wo ihre Kenntnisse in den Heydays des Uranbooms gebraucht wurden. Heute findet man in Sego noch einige Überreste , besonders von gemauerten Gebäuden.
Book Cliffs:
Die Gravelroad geht nördlich von Sego weiter in die Book Cliffs, wird aber bald durch ein Gate blockiert. Hier beginnt die Uinta Reservation, ein Zutritt an dieser Stelle ist nicht erlaubt.
Allerdings kann man auf einigen Wegen entlang der Kante der Book Cliffs weiterkommen und interessante Ausblicke nach Süden über Arches und hin zu den LaSals finden. Die Yellow Cat Area liegt auch nicht weit im Süden. Interessant ist auch, dass die Cliffs aus der Nähe nicht mehr so abweisend grau aussehen, wie sie zumeist von der I 70 erscheinen. Hier kann man auch relativ häufig Geier zu Gesicht bekommen.
Sego Lily:
Die Staatsblume Utahs blüht im Frühjahr (Mai) in den Book Cliffs. Entlang der erwänten Wege findet man sie teilweise in grossen Mengen.
Rancher:
Thompson Spring war auch ein bedeutender Viehverladeplatz. Hoch auf dem nördlich liegenden Tavaputs Plateau herrschen gute Bedingungen zur Viehzucht; weit oben - den Sego Canyon hinauf gab es eine heute fast völlig vergessene "Ghost-Town": Webster City!
Webster City war wohl nie eine wirkliche Town, es war ein Camp für Ranch Outfits, hatte aber den stolzen Namen bekommen. Dies war einer der Punkte, von denen Vieh über Thompson Spring an die Schlachthäuser im Osten verschickt wurde.
Der alte Highway:
Bevor die I 70 in den 70er Jahren fertiggestellt wurde, gab es schon eine Fernverbindung von Grand Junction über Green River und Price nach Salt Lake City. Diese Route führte durch Thompson Spring, - war eine seiner Lebensadern. Auch heute noch kann man der alter Strasse auf löcherigem Teer bis hinüber nach Colorado folgen, bevor sie dann bei Mack, Co wieder zu einer regulären (aber heute unbedeutenden) Strasse wird. Dazwischen ist ein Besuch der Ghost Town Cicso möglich. Die Strecke hat ihren eigenen Flair - wer etwas Zeit hat, sollte sie einmal befahren - zumindest für einige Meilen. © RRS 2004
Gruss
Rolf