Reisebericht: Teuflisch plutonisch!

  • Teuflisch plutonisch!


    Schon mal darüber Gedanken gemacht, auf was man eigentlich herumreist, wenn man sich auf dem Colorado Plateau bewegt? Ist das eigentlich sicher? Ich meine, man hört immer wieder von Erdbeben, Vulkanausbrüchen und ähnlichen Schrecknissen auf dieser Welt!


    Bezüglich Erdbeben kann man ziemlich beruhigt sein - die sind hier eher selten. Aber möglich, wie z.B. die grandiose Verschiebung in der Moab Fault zeigt. Mehrere hundert Meter Höhenversatz dürften kaum ohne Erschütterungen abgegangen sein, auch wenns nicht auf einen Schlag geschah!


    Nur - war ist mit Vulkanismus? Tja, das ist so eine Sache, da ist es ganz schön am Kochen. Auch wenn man derzeit kaum etwas bemerkt! Aber es ist noch garnicht so lange her - geologisch gesehen - da war ziemlich was los! Wo? Sozusagen direkt im Hinterhof von Flagstaff, AZ!


    Sunset Crater:
    Vor 940 Jahren geschah es. Nordwestlich von Flagstaff öffnete sich der Boden und ein neuer Vulkan wurde geboren! In kurzer Zeit erreichte er um die 300 Meter Höhe, spie gewaltig und bedeckte sein Umfeld mit ausgesprochen fruchtbaren Asche. Dia Sinaguas reagierten ziemlich schnell. Sobald Sunset Crater ruhig wurde, siedelten sie an seinem Fuss - Wupatki!


    Sunset Crater ist aber nur ein Vulkan im ausgedehnten San Francisco Volcanic Field. San Francisco? Heisst nicht das Gebirge nördlich von Fragstaff so? Wo der höchste Punkt Arizonas zu finden ist? Treffer - das ist es, hier handelt es sich nicht um ein normales Gebirge, sondern um die riesigen Überreste eines Giganten unter den Stratovulkanen


    San Francisco Mountains:
    Betrachtet man sich die San Francisco Mountains genauer, stellt man eine mehr oder weniger kreisförmige Anordnung der Gipfel fest. Die heutigen Höhen sind lediglich die Reste der einstigen Flanken des Giganten, der nicht nur gute 3.800 Meter aufragte wie heute, sondern vermutlich über 5.600 Meter. Welch ein Anblick muss es gewesen sein! Trotz der Grösse geologisch ein Jüngling. Man schätzt, dass es höchstens 1 Million Jahre her ist, seit er entstand und die Tätigkeit bis vielleicht vor 400.000 Jahren anhielt. Und dann kam vermutlich der grosse Knall! Mt. St. Helens lässt als wahrscheinlich schwaches Abbild grüssen! Eine gewaltige Explosion zerriss den Berg! Hauptausbruchsrichtung ONO, fast genau in Richtung des heutigen Sunset Craters.


    Über das herausgesprengte Material fährt der Reisende noch heute - der Pass nördlich der Stadt, den die US 89 auf ihrem Weg nach Cameron überquert, markiert den Punkt. Die Explosion schuf ein neues Naturwunder - Interior Valley! Eingebettet in den Ring des stehengebliebenen Randes liegt es, ein alpin anmutendes, grünes und wasserreiches Tal. So ganz anders wie das Umland, gleichgültig ob die Wüste im Norden oder der riesige Coconino Forest im Süden und Westen. Obgleich Naturschutzgebiet ist der Zugang möglich. Am leichtesten von der US 89 am genannten Pass. Ideal für Wanderer.


    San Francisco Volcanic Field:
    Ist der grosse Vulkan sozusagen die Mutter, dann finden sich ihre vielen Kinder im Kreis um sie herum angeordnet. Mehr als 500 an der Zahl. Vom Mt. Williams im Westen bis zum Roden Crater im Osten, vom Elden Mountain im Süden bis zum SP Crater im Norden. Das Feld wird auf ein Alter von 6 Millionen Jahren geschätzt. Allerdings nur im Westen, der Osten ist wesentlich jünger, so um die 0,5 Millionen Jahre und natürlich weniger abgetragen. Offensichtlich haben wir es hier mit einem Hot Spot zu tun, des sich langsam unter der Erdkruste verschiebt. Generell wird die Gegend auch heute noch zu den gefährlichsten vulkanischen Areas der USA gerechnet. Ein neuer Ausbruch ist jederzeit möglich.


    Einige Features des Field sind herausragen und verdienen eine individuelle Beschreibung. Sunset Crater hatten wir schon, also zu den anderen!


    - Mt. Elden
    Der eigentliche Hausberg Flagstaffs, liegt es doch direkt an seinem Fuss. Haben Sie noch nie gesehen? Na, dann schauen Sie mal genauer hin, es ist der rundliche grosse Hügel direkt hinter den Häusern nördlich der US 89 im östlichen Stadtgebiet - mit Sendetürmen obendrauf. Man kann Basaltsäulen an seinen Flanken erkennen. Mt. Elden ist von ganz anderer Art als sein gewaltiger Nachbar. Es handelt sich um eine Art Pfropf aus zähflüssiger, weil silikatreicher Lava. Da flossen keine Lavaströme, dazu war das Zeug zu dick!


    - Red Mountain:
    Westlich der Strasse Flagstaff - Valle gelegen. Man kann durch eine Bresche in der Ostflanke sozusagen direkt in den Vulkan gehen. Ein Eldorado für Mineraliensammler.


    - Kendrick Peak:
    Nicht weit südlich vom vorherigen Krater, aber wesentlich höher und als einer der besten Aussichtspunkte Nordarizonas bekannt.


    - SP Crater:
    einer der schönsten und exzellent erhaltenen Cindercones (Aschekegel) des Fields. Beeindruckend in seiner Symmetrie und Quelle eines riesigen Lavastroms, der sich nach Norden hin ausbreitet. Wieso eigentlich SP Crater? Tja, das hat etwas mit dem Volksmund und pikierten Behörden zu tun. SP steht für Shit Pot, so wie ihn die locals nennen, weil sein oberer Rand so schön deutlich braun gesprenkelt ist. Die Landvermesser des USGS zierten sich und verzeichneten ihn nur als SP Crater.


    - die Shebas:
    Denken Sie jetzt bloss nicht an Katzenfutter! Denken Sie an Salomon, den Weisen! Und die Königin von Saba, namens Sheba. Und schon sind wir wieder beim Volksmund und den nicht davon angetanen Institutionen. Offziell heissen die Zwillingskrater North- und South Sheba Crater. Der Volksmund nennt sie Breasts of Sheba. Wer sie sieht, versteht warum! Sie bilden hervorragende Aussichtsplatformen für den, der sich der Mühe unterzieht, 250 - 300 Höhenmeter zu überwinden (steil!) oder dem weniger Sportlichen mit exzellenten 4WD-Fahrkünsten. Von oben hat man einen weiten Blick über die östliche Ebene in der Navajo Nation, zu der die beiden Krater gerade noch nicht gehören. Bei entsprechendem Wetter und guten Augen sieht man im NO die Hopi Mesas, nicht so weit weg, den Little Colorado River und Teile des wurmartigen Diablo Canyons. SSO ist der Meteor Crater (schwer) erkennbar, der natürlich nichts mit dem vulkanischen Feld zu tun hat. Dreht man sich nach Westen blickt man direkt auf die majestätischen San Franciscos.


    - Merriam Crater:
    Nur gut zwei Meilen nördlich von North Sheba jenseits der Leupp Road gelegen ragt der noch etwas höhere Merriam Crater auf. Auffahrt für Verwegene über den Osthang her möglich, aber wie immer auf solchen steilen Hängen (bis über 40 Grad, - nicht Prozent!) nicht ungefährlich. Besonders bergab! Der Ausblick unterscheidet sich nicht wesetlich von dem der Shebas. Trotzdem gibt es eine Besonderheit und deswegen ziehe ich diesen Krater als Aussichtsplatform vor. Nach Osten erstreckt sich über gut 10 Meilen der Lavastrom, den Merriam ausspuckte. Und dieser Lavastrom schuf das Naturschauspiel der Grand Falls am Little Colorado River, als er dessen Canyon verstopfte und den Fluss zwang, über die höher gelegene Ebene um die Lavazunge herumzufliessen um dann fast 60 Meter hoch in sein altes Bett zurückzustürzen. Eine Beschreibung mit Bildern:


    - Roden Crater:
    Nördlich des Merriam direkt an der Grenze zur Navajo Nation gelegen findet sich dieser durch eine ausufernde Seitenflanke nach Westen merkwürdig langgestreckte Krater. An sich nicht unbedingt ein Beauty unter seinen Artgenossen hat er doch eine eigene Geschichte. 1972 kaufte James Turrell - ein Minimal Art - Künstler diesen Krater und baute ihn zu einer Mischung aus Kunstobjekt und mystischen Ort aus. Mit Tunneln, die zu bestimmten Zeiten ihre Öffnungen genau auf bestimmte Himmelsobjekte ausrichten und Ähnlichem. Soweit mir bekannt kann das Objekt nicht ohne Weiteres besichtigt werden. Aber es ist wohl der Erwähnung wert!


    - The Sprowl:
    Nur gut 1 Meile westlich des Merriam findet sich das merkwürdige Objekt. Eine Art langgezogener Wall, auch eine Art Graben. Schwer zu beschreiben. Vulkanischem Ursprungs wie alles hier in dieser Gegend. Bemerken Sie den schwarzen Sand, der hier alles bedeckt? Nun, wieso Sprowl? Das geht auf eine alte Geschichte zurück. Ein Weisser erkundete mit Hilfe eines alten Navajos die Gegend und eines Tages, als sie an dem Feature vorbeikamen sagte der Alte "There is a sprowl in it" Auch auf Nachfrage gab er keine genauere Auskunft. Der Weisse durchsuchte mehrfach das Gebiet, fand aber nie etwas Besonderes, ausser der ungewöhnlichen Form - der Name jedoch blieb und ist heute offiziell.


    Weitere vulkanische Features:


    Der grosse Riss:
    Nördlich der San Francisco Mountains findet sich ein merkwürdiges, am besten auf Satellitenaufnahmen zu sehendes Feature. Wie mit dem Messer geschnitten zieht sich von der Mesa Butte ausgehend in nordöstlicher Richtung eine Art Riss durch die Landschaft. Er wird interessanterweise von mehreren Wasserläufen gekreuzt, so dass man annehmen kann, er sei jüngeren Datums. Die Ostflanke trägt den eigentümlichen Namen "Additional Hill".


    Lavaströme:
    Wie schon gesagt haben die vielen Krater auch für eine nicht unerhebliche Anzahl Lavaströme gesorgt, die heute im Westen, also an den älteren Ausbruchsstellen schon oft weitgehend überdeckt sind, was im Norden und Osten weniger bis kaum der Fall ist. Die US 89 läuft auf ihrem Weg in Richtung Cameron mal ein Stück an einem besonders mächtigen Exemplar entlang. Etwas Generelles zu Lavaströmen: Wie schon im Zusammenhang mit dem Mt. Elden erwähnt ist die Flüssigkeit der austretenden Lava nicht immer gleich. Es gibt dünnflüssige und mehr pastöse Ströme, die auch unterschiedlich erkalten. Erstere bilden relativ glatte Oberflächen und werden "Pahoehoe" genannt, die dickflüssigen, die oft wie ein Strom aus scharfkantigen Laqvablöcken erscheinen "Aa". beides kommt aus dem Hawaianischen. Pahoehoe bedeutet "seilartig", weil die Oberfläche gelegentlich an nebeneinanderliegende Schnüre erinnert. Aa steht dagegen angeblich für die Schmerzenslaute, die ein barfüssiger Wanderer auf den scharfkantigen Brocken von sich zu geben pflegt.


    Lava Caves:
    Eine spezielle Art der Lavaströme und nur mit Pahoehoe möglich. Ein Lavastrom schiebt sich über ein Gebiet. dabei kommt er mit der kühleren Erdkruste und Atmospäre in Kontakt und erkaltet aussen zuerst. Es bildet sich eine feste Hülle, einem Rohr gleich, in dessen Inneren durch die Isolation noch für lange Zeit glutflüssiges Material eingeschlossen sein kann. Platzt eine solche Röhre aus irgendeinem Grund auf, kann sich der noch flüssige Inhalt entleeren und die tunnelförmige Röhre bleibt leer zurück. Solche Features gibt es in einiger Anzahl im Gebiet um Flagstaff. Beim Bau der Interstate 17 von Phoenix herauf hat man etliche angeschnitten. Sie wurden in der Regel versiegelt, sind also unzugänglich.


    Nordwestlich von Flagstaff findet sich aber die Government Cave, die man leicht besuchen kann. Mitten im flachen Waldboden liegt der Einstieg durch die eingestürzte Höhlendecke. Keine der üblichen gut ausgebauten Schauhöhlen, einfach frei zugänglich und naturbelassen. Will man sie begehen, was an sich nicht sonderlich schwer ist, braucht man zuverlässige Lichtquellen (mehrere!), haltbare Schule mit guten Sohlen und wenig Klaustrophobie! Denn innen ist es einfach schwarz - sehr schwarz! Der Tunnel erstreckt sich nehr als einen Kilometer, teilt sich nach einiger Zeit um dann wieder zusammenzuführen. Verlaufen ist ausgeschlossen! Gelegentlich glitzet das schwarze Gestein wie Obsidian.


    Viele Wege führen zur Cave. Entweder von der I 40, Ausfahrt Bellemont westlich von Flagstaff oder von der Strasse nach Valle. Die grösseren Wege sind gute Forest Roads, auch für normale Autos geeignet. UTM - Koordinaten des Eingangs: 12S 042415x, 39111xx. Die Höhle ist ein gern besuchtes Wochenendausflugsziel der Flagstaffer locals. Es gibt noch mehr solcher zugänglichen Höhen, die sollten aber so unberührt bleiben wie sie derzeit noch sind.


    Passen Sie also auf und fallen Sie nicht unvorhergesehen in eine rein! Steigen Sie doch lieber auf einen der vielen Krater, die ich nicht erwähnt habe und entdecken Sie selbst!


    © RRS 2005


    Bilder werden nachgereicht!

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