Half Dome Trail @ Yosemite

  • Diesen Trip haben wir im September unternommen. Als Warm-Up gab's am Tag zuvor eine Wanderung zum Ostrander Lake (Bericht), an dessen Ende wir eigentlich ziemlich sicher waren, dass wir das mit dem Half Dome nicht packen würden. Wir hatten doch die Auswirkung der Höhe auf den Kreislauf etwas unterschätzt. Immerhin waren wir da schon auf 2000 Metern - und das einen Tag, nachdem wir vom Pazifik losgefahren waren. Das Herz pumpte da ganz ordentlich, um in der dünnen Luft die Muskeln mit Sauerstoff zu versorgen...


    Noch vor Sonnenaufgang sind wir auf dem Weg zum Parkplatz am Happy Isles Nature Center, dem Trailhead für die Wanderung zu den Vernal und den Nevada Falls – und zum Half Dome. Wir wollen wenigstens sehen, wie weit wir kommen. All zu


    Um 8 Uhr marschieren wir los und sind schon eine Stunde später über den Mist Trail an die Klippe der Vernal Falls geklettert. Hier waren wir vor vier Jahren schonmal, damals im Mai wurde man auf diesem Weg bis auf die Unterwäsche vom Wasserfall durchweicht. Jetzt sind wir eher schweißgebadet. Hinter den Wasserfällen bildet der Merced einige flache Becken, die „Emerald Pools“, in denen man im Sommer baden kann. Jetzt ist es dafür zu kalt, außerdem scheint noch nichtmal die Sonne auf diese Seite der Canyonwand.


    Wir steigen weiter auf zu den 178 Meter hohen Nevada Falls. Oben angekommen, kann man sich direkt an die Felskante stellen, über die das Wasser in die Tiefe stürzt. Hui... Bei dem Wasserstand kann man gut den Pool am Fuß der Fälle sehen, im Frühjahr ist das ein einziger Gischtnebel. Jetzt ist erstmal Zeit fürs Frühstück. Nach 2 Stunden haben wir schon 600 der knapp 1500 Höhenmeter zum Half Dome bewältigt, Muskeln und Gelenke beschweren sich nicht. Also beschließen wir, den Weg fortzusetzen.


    Nach den Wasserfällen wandert man endlich auf ebenem Pfad durch ein Hochtal Richtung Little Yosemite Valley. Man ist jetzt genau auf der Rückseite des Half Dome und kann das Ziel erstmals sehen. Weit weg ist es hier noch! Ein Murmeltier sitzt auf einem Felsen und pfeift vor sich hin. Wahrscheinlich lacht es uns aus. Der Trail zweigt dann nach links ab und ab jetzt geht es nur noch bergauf. Acht Kilometer lang!


    Dieser Weg ist wirklich Quälerei pur und wir legen immer wieder kleine Pausen ein. Irgendwann ist es dann geschafft und wir erreichen ein Felsplateau an der Ostseite des Half Dome. Hier sieht man nun den Rest des Weges zur Spitze einschließlich der Kabel, an denen man sich das letzte Stücke hochhangeln muss. Wir legen eine längere Pause ein und staunen über die Eichhörnchen, die sich über ein paar in der Nähe gelagerte Rucksäcke hermachen. Die Squirrels können Reißverschlüsse öffnen! Plastiktüten sind eh kein Problem und so knabbern sie fleißig aus der erbeuteten Tüte mit Sonnenblumenkernen. Conny verdirbt den Hörnchen das Mittagessen und stopft die Tüte tiefer in den fremden Rucksack. Dabei lockt sie die Viecher sonst immer extra an...


    Das nächste Stück des Weges hat es in sich, denn man muss nun eine steile Felswand hinaufkraxeln. Teilweise sind Stufen in den Stein geschlagen, teilweise geht man über blanke Granitflächen. Die Steigung hier beträgt an die 45 Grad – und das ist noch nicht der Half Dome! Jedenfalls sieht man hier einige Leute auf allen Vieren kriechen. Die Aussicht von oben ist dafür grandios, die Luft an dem Tag völlig klar: einmal das komplette Yosemite Panorama bitte. Dankeschön. Dafür hat es sich schon gelohnt, hier hoch zu kommen.


    Über einen Sattel erreichen wir schließlich die berühmt-berüchtigten Kabel. Die sind zwischen Metallpfosten gespannt, die in den Fels gebohrt sind. An ihnen hangelt man sich über eine 47 Grad-Steigung auf den Dome hoch. Alle paar Meter liegen Holzbohlen quer, an denen man verschnaufen kann. An diesem Samstag sind ein paar Hundert Leute wie wir unterwegs, entsprechend geht es an den Kabeln zu, wie auf einer Ameisenstraße.


    Für mich ist hier Schluss: rechts geht es mindestens 1000 Meter steil runter, links sind es vielleicht 800 Meter. Zwischen dem Abgrund und den Kabeln ist, genau, nichts. Das macht meine Höhenangst nicht mit. Bevor ich mitten in den Kabeln eine Panikattacke bekomme (wie übrigens bei einigen anderen Leuten gesehen), setze ich mich hier lieber in die Sonne und schaue Conny zu, wie sie zur Spitze klettert. Sie schafft das problemlos, schießt oben ein paar Fotos und steht nach einer Dreiviertelstunde wieder neben mir, so dass wir uns bald an den Abstieg machen.


    Der Weg nach unten ist dann ein Fest für die Knie. Jetzt bereue ich, dass ich das Fitness-Studio in den letzten Monaten gemieden habe und es um meine Beinmuskulatur nicht zum besten bestellt ist. Dazu ist es mittlerweile ziemlich heiß geworden und der Weg durch den Wald zieht sich genauso endlos wie beim Aufstieg. Noch immer kommen uns Leute auf dem Trail entgegen. Wenn die bis aufs Plateau wollen, sind sie erst bei Dunkelheit wieder am Parkplatz. Einige sind mit erschreckend wenig Wasser und absurdem Schuhwerk unterwegs. Naja, muss ja jeder selbst wissen, wie er seinen Körper an die Belastungsgrenze bringt. Immerhin ist hier so viel Betrieb, dass keiner Angst haben muss, in der Wildnis verloren zu gehen. In dem Hochtal angekommen halte ich dann an einem kleinen Strand die Füße in den Merced River. Ahhh, tut das gut!


    Weiter geht es zu den Nevada Falls, wo wir uns entschließen, nicht über den Mist Trail sondern über den John Muir Trail auf der anderen Seite des Canyons weiterzugehen. Dieser Weg lohnt sich allein schon wegen des Panoramas auf die Nevada Falls, die jetzt im weichen Licht der Nachmittagssonne liegen, genauso wie Half Dome, Liberty Cap und Mount Broderick. Dazu kommt man an hängenden Gärten vorbei, an denen Wasser aus dem Fels sickert.


    Allerdings ist dieser Weg um einiges länger als der Abstiegt direkt an den Fällen. In unzähligen Serpentinen, die unverständlicherweise teilweise asphaltiert und deshalb sehr rutschig sind, geht es nach unten Richtung Vernal Falls Bridge. Dort angekommen sind wir mit den Kräften am Ende. Mindestens so fremd wie Aliens kommen uns jetzt die Normal-Touristen vor, die hier in FlipFlops und billigen Turnschuhen unterwegs sind. Knapp 30 Kilometer stecken uns in den Knochen, wir sind komplett eingestaubt und verschwitzt, aber wir haben es geschafft! Nach 10,5 Stunden sind wir wieder am Auto.

  • Klasse Bericht!! Danke!! Genau darauf habe ich gewartet :-)


    Der Half Dome ist noch einer der Hikes, der bei mir ganz oben auf der Liste steht und da ich zum Glück schwindelfrei bin, sehe ich da keinerlei Probleme mit dem Hochklettern.
    Die Landschaft sieht ja echt klasse aus und macht Lust auf mehr.

  • Wir waren dieses Jahr auch wieder auf dem Half Dome und haben mit Entzetzen die Menschenmassen betrachtet, die da hochgehen. Mit und ohne Wasser, in Turnschuhen, im Bikini und wir konnten nur den Kopf schütteln. Falls wir noch einmal die Wanderung machen sollten, dann würden wir im Little Yosemite CG übernachten und dann sehr zeitig losgehen, um son den Massenandrang zu entkommen.
    Ich habe lange mit einem Ranger gesprochen und der erzählte, dass sie am Überlegen sind, wie die Flut der Wanderer einzudämmen ist. Die Frage sei nur, mit welchen Mittel das zu bewerkstelligen ist.


    Gruss
    nirschi

  • Zitat

    Original von nirschi
    Mit und ohne Wasser, in Turnschuhen, im Bikini und wir konnten nur den Kopf schütteln.



    Ich bin immer wieder erstaunt, wie manche Leute auf solche Wanderungen gehen. Das ist mir ja auch so extrem aufgefallen, als ich zum Plateau Point im Grand Canyon gelaufen bin.
    Da fallen einem manchmal echt die Augen aus dem Kopf: mit Sandalen, Schlappen usw. wird da hingekraxelt, kein oder nahezu kein Wasser dabei, ohne Sonnenschutz, hui. Da fällt einem nix mehr zu ein. top10
    Und ich denke, das ist im Yosemite und an anderen Locations zum Wandern nicht anders.
    Ich bin immer froh, wenn ich ein Ziel nahezu für mich alleine habe, so wie dieses Jahr am Angels Landing Trail. Das war herrlich, so ganz ohne Stau an den Ketten :-)



    @OlliH



    Bitte noch mehr solcher Berichte!!!

  • top26 Sehr schöner Bericht!


    Da möchte ich auch mal hoch, aber sicherlich nicht als einen der ersten Hikes im Urlaub ;-)


    Schade das du nicht bis ganz oben konntest, der Angels Landing Trail - zumindest das letzte Stück - wird dir dann leider auch verwehrt bleiben.


    Um den Menschenmassen auszweichen bleibt einem fast nur noch die Wahl, auf die Nebensaison bzw ausserhalb der Woche auszuweichen.
    Aber nicht unbedingt schon im März - wegen definitv noch zuviel Schnee haben wir damals vom Yosemite nicht allzuviel gesehen. top9

  • Zitat

    Original von Hatchcanyon
    Egal ob man ganz oben war oder nicht, die Blicke sind gigantisch!


    Das ist der Punkt und schmälert die bis dahin erbrachte Leistung keineswegs.... Hut ab Oli top26


    Prima Bericht und tolle Bilder !!!

    Humor ist der Knopf der verhindert, dass mir der Kragen platzt.

  • Ein super toller Hiking-Bericht top26


    Da kommt ein unsere Wanderung zum Angels Landing ja wie ein Kindergartenausflug vor top12


    Wie ging es Euch am nächsten Tag? Muskelkater? Komischerweise macht mir das Bergablaufen auch mehr zu schaffen (Knie), wie Bergauf.

  • Ja, die Wanderung nach Angels Landing haben wir uns tatsächlich gespart. Stattdessen sind wir im Zion zum Observation Point hoch (Bericht folgt). Gegen Angels Landing sprach meine Höhenangst und dass wir an einem Samstag dort waren mit entsprechendem Betrieb im Park. Angels Landing ist dann genauso überlaufen wie der Half Dome im Yosemite.


    Ich muss dazu sagen, dass sich meine Höhenangst nur bemerkbar macht, wenn rechts UND links nichts ist. Höhe an sich ist nicht das Problem, sondern die exponierte Stellung auf schmalen Gipfelgraten etc.


    Nach dem Half Dome Tag ging eigentlich gar nichts mehr! Wir konnten dann bei der Fahrt über die Tioga Road am nächsten Tag aber doch nicht widerstehen und sind noch zum Elizabeth Lake gewandert. Ist eine kleine Tour, aber hat auch 250 Höhenmeter. Danach hatten wir aber auch die Schnauze voll und sind ein paar Tage nur noch Auto gefahren... top12


    Und, ja, abwärts machen halt die Knie schnell Probleme, weil da einfach das ganze Körpergewicht schiebt. Ich laufe lieber stetig bergauf. Bei meiner Frau ist es umgekehrt. Wir haben schon gewitzelt, dass wenn wir gleichzeitig unten loslaufen, wir uns oben nicht begegnen würden, aber zusammen wieder im Tal ankämen...

  • Zitat

    Original von OliH
    Ich laufe lieber stetig bergauf. Bei meiner Frau ist es umgekehrt. Wir haben schon gewitzelt, dass wenn wir gleichzeitig unten loslaufen, wir uns oben nicht begegnen würden, aber zusammen wieder im Tal ankämen...


    Bei meiner Frau ist es auch so wie bei Deiner :-)


    Männer und Frauen sind wohl an den Knien auch anatomisch sehr verschieden [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/smilie/frech/a010.gif] oder der Schwerpunkt [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/smilie/frech/s015.gif]

  • Hallo Oli,
    Danke für Deine Antwort.
    Deinen Bericht habe ich zuallererst gelesen, als ich den Half Dome gegoogelt hatte. So kam ich eigentlich auf diese Seite.
    Ich mache mir ein bißchen Sorgen um meinen Mann, der ist nämlich auch nicht schwindelfrei. Das die Tour sehr anstrengend ist, habe ich mittlerweile auch schon mitbekommen. Ich bin gespannt, wie alles
    ablaufen wird.


    Viele Grüße
    Sonja

  • Ja, jetzt weiss ich wieder.... ich mag den Yosemite nicht.
    Auch wenn ich jetzt schon dreimal dort war.... irgendwie ist mir das zu normal und zu voll.


    Den Trip auf den Half Dome könnte man mit Backcountry permits beschränken... hohoho.... das gibt es doch schon tausendfach!

  • Zitat

    Original von bullcat
    irgendwie ist mir das zu normal und zu voll.


    Für die bekannten Ziele in Yosemite trifft das sicher zu - wie auch, imo noch viel extremer, im Zion. Es gibt aber auch sehr einsame Gegenden in Yosemite, in denen man wunderbar wandern kann, ohne mehr als einer Handvoll Leuten zu begegnen. Der Ostrander Lake Trail ist so ein Beispiel (Beschreibung hier) oder auch der eine oder andere Trail entlang der Tioga Road.


    Wir waren bisher zwei Mal in Yosemite, jeweils mehrere Tage, und fanden es immer wunderschön, vor allem, wenn man für den Besuch des Tals die frühen Morgenstunden nutzt, wenn der Nebel von den Wiesen aufsteigt, die Granittürme im ersten Sonnenlicht erstrahlen und von Reisebussen weit und breit noch nix zu sehen ist. Dann ist das einer der schönsten Plätze der Welt! top26

  • Wie siehts eigentlich mit Bären im Yosemite aus...?
    Aber vermutlich muss man bei dem Menschenandrang dort zum Half Dome mit gar keinen rechnen, oder?
    Ist Mitte bis Ende September noch eine gute Zeit für diesen Trail? Und ist der Tioga Pass voraussichtlich noch offen?


    So viele Fragen.... :peace1:

  • Guck mal in meinen RB von 2008, ich war Ende Oktober auf dem Trail bis zu den Navajo Falls und habe Bären gesehen.


    Mitte September ist sicher noch eine gute Zeit, wenn das Wetter mitspielt.
    Irgendwann im Oktober werden die Kabel abmontiert und dann ist kein Hike mehr dort hoch möglich....


    Mitte September ist der Tioga Pass eigentlich noch offen (evtl mal ein paar Stunden nach einem Schlechtwettereinbruch gesperrt).
    2008 wurde er am 31 Oktober geschlossen :rolleyes: - ich kam nicht mher zurück rüber und musste anders fahren. Mittlerweile ist er für diese Saison wieder geöffnet.

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