Vorwort:
Bitte nehmen Sie den Inhalt der Geschichte nicht unbedingt als Vorbild. Seien Sie vorsichtig, handeln sie überlegt, wenn sie die geteerten Strecken des Südwestens verlassen!
5th Avenue meets White Rim oder "Look at these crazy people!"
Vieles hat eine Vorgeschichte, So auch die eigentliche Story dieses Kapitels. Hätte sich nicht manches so ergeben, - die Geschichte hätte sich vielleicht nie ereignet. 3. September 1987. Sechs Jahre ist es her, dass die Infektion mit dem USA-Virus erfolgte. In diesem Jahr sollte es chronisch werden.
Wir fliegen von Frankfurt über Chicago nach Los Angeles. Auto bei Avis gemietet. Ganz bewusst ein 2 door Fullsize, weil wir den grösseren Kofferraum haben wollen.
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Es ist ein hellblau metallic Oldsmobile Cutlass Supreme Coupe mit 5 Liter V8. Wir fahren zu unserem Hotel Encina Lodge in Santa Barbara, fallen hundemüde in die Betten. Am nächsten Tag L.A. - Queen Mary und Spruce Goose, einen Tag später die San Gabriel Mountains. Unser Auto bereitet Probleme, das Gerät hat keine Power, säuft dafür um so mehr und die Scheibe der Fahrertür schliesst nicht mehr vollständig. Zurück zur Avis-Station an L.A. International Airport, um das Fahrzeug umzutauschen!
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Als Ersatz erhalten wir das gleiche Modell, aber in weiss. Hier ist erst mal alles in Ordnung.
Die Tour führt uns zunächts nach Flagstaff, später weiter in den Süden Arizonas und nach New Mexico. Las Cruces ist unser Ziel. Schon im Dunkeln auf der I 10 eastbound plötzlich ein Schatten, dann knallt es und eine abgerissene Reifendecke eines Trucks rasselt unter unsrem Auto durch. Puh - nochmal gut gegangen! Vielleicht 50 Meilen später die Erkenntnis, dass das Ereignis wohl doch nicht ganz folgenlos war - der Tachometer fällt aus! Nicht sonderlich angenehm im Land der allgegenwärtigen Speed Limits. An dem Abend sind wir einfach vorsichtig, kommen gut in Las Cruces an. Am nächsten Morgen besuchen wir die örtliche Avis-Station und erfahren, dass dort kein einziges fahrbereites Fahrzeug verfügbar ist. Man verweist uns an die grosse Flughafenstation im gut 40 Meilen entfernten El Paso.
El Paso ist schnell erreicht und wir vereinbaren, dass der Wagen bis zum folgenden Tag repariert werden soll , - erhalten zwischenzeitlich als Ersatz einen
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Dodge 600. Ganz schnell hat er einen Spitznamen weg: "Paff, the rattling monster" Besonders das Armaturenbrett klappert und scheppert an allen Ecken und Enden. Er bringt uns nach White Sands und wieder zurück nach Las Cruces. Ohne Panne!
Nächsten Morgen! In El Paso erklärt mir ein Avis-Mitarbeiter, unser Wagen sei immer noch defekt, einen anderen könne er uns nicht geben, da wir ein Fahrzeug mit einer California Licnese Plate erhalten müssten. Früher durften Leihwagen nicht in anderen Staaten, als denen, in welchen sie zugelassen waren, vermietet werden. An unserem Wagen sei die Nadel des Tachometers abgebrochen. So ein Blödsinn! Ich verlangte das Fahrzeug unrepariert zurück, denn mit Paff weiterfahren - nie und nimmer! Das ging auch. warum allerdings das Reserverad losgeschraubt im Kofferraum lag und der Wagenheber lose danaben - wir haben es nie erfahren! Ein Oldsmobile-Händler in El Paso half uns dann auf Garantie weiter. nach einer dreiviertel Stunde war alles erledigt. Der Besichtigung von Carlsbad Caverns stand nichts mehr im Wege.
Unsere Reise ging weiter über Santa Fe nach Farmington, wo wir einige Tage bleiben wollten. Auf einer Fahrt durch die San Juan Mountains neues Ungemach. Beim leichtesten Bremsen blockiert das rechte Hinterrad, das Fahrzeug war schwer zu kontrollieren. Avis Farmington verweist uns nach Durango. Dort gibts zwei Fahrzeuge,- einen Crysler LeBaron GTS und einen Chrysler 5th Avenue, ein Riesenschiff.
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Wir entscheiden uns für den LeBaron, nur um am Hotel festzustellen, dass der Kofferaum für unser Gepäck schlicht zu klein ist. Zurück zu Avis! Warum der andere Wagen da steht? Ein Kunde hätte ihn wegen technischer Probleme abgegeben, man habe ihn gecheckt, aber nichts festgestellt. Wir könnten das Fahrzeug haben, müssten aber akzeptieren, dass er nur innen gereinigt worden sei, aussen aber nicht. Ok, das kann man verschmerzen. Hoffentlich säuft er uns die Reisekasse nicht leer!
Ledersitze, elektrisch betätigt! War damals wirklicher Luxus! Platz bis zum Abwinken. Schön! Power hat er auch - wir nennen ihn Larry! Nach zwei Meilen kennen wir das erste technische Problem - zuviel Spiel in der Lenkung! Nach zwanzig das zweite - Larry setzt Duftmarken! Wenn wir an der Ampel stehen, stinkt er nach Sprit. Ein Check bringt die Ursache nicht ans Tageslicht. Wir beschliessen, ihn trotz allem erst einmal zu behalten! Die Innenreinigung muss an so manchem spurlos vorbeigegangen sein - im Laufe des Tages finden wir Schminkzeug, Objektivdeckel, etwas Münzgeld und ein Pfund Bohnenkaffee!
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Durch die San Juans gehts nach Grand Junction, dort auf die I 70 nach Green River. Moab ist ausgebucht! Das River Terrace Hotel am Fluss eine gute Wahl. Wir sind das erste Mal in der Gegend.
Am nächsten Tag ist Canyonlands, Island in the Sky angesagt! Gigantisch - so etwas haben wir noch nicht gesehen! Das Virus erwacht! Da geht doch tatsächlich ein Weg hinunter auf das Plateau unter uns, auf dem wir weitere Spuren sehen.
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In diese Landschaft hinein - da müssen wir runter!
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Geht dass? Keine Ahnung, aber wir können ja mal im Visitors Center fragen. Ein Ranger, sagt, da ginge schon was, vielleicht für 5-6 Meilen, weiter kämen wir mit unserem Auto nicht, wenn wir uns erst Mal die Switchbacks runtergetraut hätten. Shafer Trail hiesse das Ganze und von einem Viewpoint könnten wir uns den Abstieg ja nochmal in Ruhe ansehen und überlegen. Nix wie hin!
Ok, die Road ist ungeteert, geht in Serpentinen mit Haarnadeln durch den steilen Hang,
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aber wir sind in den Alpen schon Schlimmeres gefahren: Passo Pordoi, Passo Croce Domini oder Tremalzo-Pass, um nur einige zu nennen. Das kann uns nicht schrecken. Und unten geht eine Road bis zum Horizont. Oder so ähnlich! Und hinterm Horizont gehts vermutlich weiter.
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Also machen wir uns auf den Weg!
Die Dirtroad ist gut, auch den Abstieg kann man mit Automatikgetriebe im ersten Gang gut und stressfrei hinter sich bringen.
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Unten wirds ebener - die Strecke ist ähnlich einem europäischen Feldweg. Wo ist das Problem? Eine Abzweigung, wir fahren geradeaus - dass es links nach Moab über Potash geht erfahren wir erst später! Der White Rim, welcher dem Trail den Namen gibt, liegt links von uns,
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die Blicke hinunter zum Colorado River und übers weite Land sind wunderschön.
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Wir erliegen der Infektion nach und nach völlig.
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Weiter gehts - da kommt uns plötzlich ein grösserer Jeep entgegen - voll besetzt! Eine der üblichen, mietbaren Offroadtouren wohl, wie wir später erfahren. Das Gesicht des Fahrers werden wir beide nie vergessen! Das sagt: "Look at these crazy people!" Er winkt, wir sollen anhalten, was von uns ignoriert wird.
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Die Strecke wird schlechter! Man muss schon aufpassen und ein oder zweimal hats auch unterm Auto geschabt! Ein Königreich für ein Pferd, das hat mehr Bodenfreiheit. Haben wir nicht, dann muss es auch so gehen.
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Ich hebe Larry wie ein rohes Ei über einige kleinere Stufen. Uff, geschafft! Plötzlich direkt im Rand neben dem Trail eine Bridge - Musselman Arch! Ein Jahrzehnt später müssen wir herzhaft lachen, als die deutsche Automobilzeitung "mot" einen Bericht über eine höhergelegte Quattroversion des Audi A6 bringt. Test auf dem White Rim - sie sind bis zum Musselman Arch gekommen und haben das ganz stolz mit Bildern belegt.
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7 oder 8 Meilen haben wir jetzt schon. Wir wollen mehr! Tasten uns vorwärts. Dann eine Hügelkette, der Trail windet sich nach oben, wird schlechter. Oben angekommen blicken wir auf eine lange Abfahrt voller tiefer Rinnen. Soll ich da runterfahren? Ich wags!
Ehrlich gesagt, als wir unten ankamen,war ich davon überzeugt, einen entscheidenden Fehler gemacht zu haben. Runter ist eine Sache - hoch eine andere! Aber der Trail geht immer noch bis zum Horizont.
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Trotzdem fahren wir weiter, die Bedingungen verschlechtern sich kontinuierlich. Mein Ziel - ich will zum Fluss, was ich aber meiner Frau nicht sage. Irgendwann ein Schild - Lathrop Canyon. da gehts hinunter zum Fluss, das weiss ich aus der einfachen Karte die man bei der Einfahrt in den N.P. erhält. Oh, ist das steil und sandig. Erst mal aussteigen und zu Fuss erkunden. Mist, hier gehts für uns ganz sicher nur runter und nicht wieder hinauf. Der (unrealistische) Traum bleibt also ein solcher! Pause - Landschaft geniessen.
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Es ist einfach überwältigend. Larry hat sich tapfer geschlagen - hoffentlich gelingt uns die Rückfahrt!
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Langsam machen wir uns auf den Rückweg.
Der beschriebene Hügel mit seiner nun unendlich langen Auffahrt voller tiefer Rinnen, die es erforderlich machen, den Wagen auf den hochstehenden Trailteilen neben den Rinnen zu balancieren, liegt drohend vor uns. Ich hab Sorgen! Ob das gut geht? Bin ich gut genug oder hab ich mich verrechnet? Anlauf, bloss nicht zu langsam! Aber auch nicht zu forsch! Auf den Rippen belancierend jage ich Larry den Hügel hinauf. In einem Zug! Oben bin ich nassgeschwitzt!
Die weitere Rückfahrt ist dagegen ein Kinderspiel. Aber es ist passiert - das Virus hat uns voll im Griff! Wir werden wiederkommen, mit besserer Ausrüstung! Das steht fest!
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Heute schauen wir uns den Rest gemütlich vom Teer und von oben an. Dann gibts doch noch ein Problem - unterm Auto schepperts! Drunterschauen offenbart eine gebrochene Schelle an Auspuff. Aufsetzen bleibt also doch nicht ganz ohne Folgen! In Moab bei Walker - die haben alles! - gibts eine neue Schelle und einen Schraubenzieher dazu. Nach erfolgreicher Reparatur brauchts dann noch ein neues Tshirt. Hat Walker auch! Das Abenteuer ist glücklich bestanden!
Anmerkungen zu Shafer Trail und White Rim:
Shafer Trail ist bei gutem Wetter mit jedem Standard-Pkw befahrbar. Auch die Route über Potash wird von Einheimischen regelmässig mit normalen Strassenlimousinen befahren. Entsprechend langsam und vorsichtig natürlich. Wie der Ranger schon ausführte - auch White Rim kann man ein paar Meilen fahren, aber es wird kontinuierlich schlechter. Bis zum ersten Rand mit Blick hinunter zum Fluss geht es zumeist. Man sollte wissen, wann es genug ist. Vorsicht ist angebracht - in den letzten Jahren hat sich der Zustand der Strecke verschlechtert. Unsere Tour von damals erscheint mir heute nicht mehr realisierbar - auch nicht mit Glück!
Anmerkungen zu den Fahrzeugen:
Wir hatten nur in diesem Jahr Probleme mit Avis. Die Firma war gerade verkauft worden und die Mitarbeiter anscheinend ausgesprochen unmotiviert. Larry liessen wir dann Mammoth Lake reparieren, nachdem der Sprit in Strömen aus der undichten Benzinpumpe lief. Der Mechaniker fand dann auch den Grund für die spielbehaftete Lenkung. Luft im Hydrauliksystem! Wir brachten Larry somit in besserem Zustand zurück, als wir ihn erhalten hatten. Die fünf Fahrzeuge und der damit verbundene Ärger hat Avis veranlasst, uns als eine Art Wiedergutmachung später in Deutschland einen damals neuen 5er BMW für ein Wochenende zur Verfügung zu stellen
Niemand sollte diesen Bericht als Grundlage für Leichtsinn nehmen! Touren off pavement sind immer mit einem nicht unerheblichen Risiko behaftet. Pkw´s dafür die ungeeigneten Werkzeuge. Schreiben Sie es unserer Unerfahrenheit und Blauäugigkeit zu, dass wir diese Tour unternahmen! Meine Erfahrung mit Autos - damals schon über 1 Million Kilometer - half sicherlich, nicht zu scheitern.
© RRS 2005