Oh Vienna! Hippos Tagebuch von Wien

  • Tagessausklang...


    Also schlendern wir etwas ziellos vom Stephansplatz bis zum Graben, wo ein Marionettenspieler seine Puppe (was für'n Viecherl war das doch gleich?) zu Vivaldi(!) tanzen läßt - endlich mal nicht Mozart, juhuu! Dafür bekommt er auch prompt eine Spende von mir. Die eingerüstete Pestsäule ist zwar etwas trostlos und die Touristenpreise der Gegend spenden ebensowenig Trost, aber das dazugehörige Straßencafé bietet Sitzplätze (sitzen!), kühle Getränke (trinken!), Bambus (Athmosspäre!) und freien Blick auf das vorbeiziehende Volk (Unterhaltung!). Was will man mehr. Wir plaudern über Buddha und die Welt und erholen uns. Und sind irgendwann wieder aufnahmefähig für gemäßigte Wiener Abendstimmungs Eindrücke. Erstmal hätte ich da aber ein anderes Bedürfnis - und Wien ist ja voller Überraschungen und manchmal sind die Sehenswürdigkeiten nicht ober- sondern unterirdisch! Das lokale WC unterm Graben kostet zwar nur 10c weniger Eintritt als bei Hundertwasser, aber wow, das war's echt wert! Nobel, nobel, Wien ist tatsächlich anders.


    Weiter der Abendsonne entgegen, es zieht uns wieder zur Hofburg, an einem Cowboy mit 12saitiger Gitarre und texanischer Knödelstimme vorbei (er spielt keinen Vivaldi, kriegt also außer Aufmerksamkeit nix von mir…) durch die Höfe und Tore und auf einmal stehen wir vorm KuHiMu und wollen mal wieder einfach nur sitzen und in die sinkende Sonne blinzeln.
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    Die Balustrade vor den Riesentoren des Museums scheint uns ein ideales Plätzchen und so dösen wir, Beine und Seele baumeln lassend, dort friedlich vor uns hin und genießen die Abendstimmung. "Aa-bend-sti-hi-lle ü-hüber-all..."
    "RUNTER VON DER MAUER!" werden wir auf einmal von der Seite angeherrscht - fehlte nur noch, daß der Securitymensch (wieviel Security braucht ein geschlossenes Museum?) seinen Hund (selbst anwesende Hunde-Experten konnten sich nicht auf die Rasse einigen) auf uns gehetzt hätte. "Sprechen Sie deutsch?" Öh…ja, was tun wir der armen Mauer denn, nicht jede Berlinerin reißt Mauern gleich ab… die Chinesische hab ich doch auch stehen lassen? Na jedenfalls weist er uns auf Verfallsspuren hin, die seit der letzten Restaurierung vor 2 Jahren durch solche Banausen wie uns schon verursacht wurden und wir trollen uns brav auf die Treppe und dösen halt dort weiter. Tiefsinnige Gespräche verkürzen die Zeit ("wie zählen die Österreicher eigentlich…" "oans, zwoa…??? - gsuffa!") bis die Sonne hinter das NaHiMu und unsere Mägen bis zu den Kniekehlen sanken. Wo stillt man als USA-Stammtischler in Wien am Ring zünftig seinen Hunger? Genau, im T.G.I. Friday's, wo sonst.
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    Das Straßenbahnfahren ohne Anleitung beherrschen wir ja inzwischen perfekt und es ist ja nicht weit. Cheese Nachos, Coleslaw & Fries,
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    bzw. Burger oder die hiesige Rippchen-Variante
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    runden den schönen Tag so richtig ab. Und da man in Wien ja nicht auf die Kalorien achten sollte, spendiere ich mir noch einen phantastischen cremig-schaumigen Schoko-Milchshake, bei dem man schon von der Bestellung alleine 1kg zunimmt… yummy. Einen WLAN-Hot Spot hätt's auch gehabt, aber nicht jeder Stammtischler ist mit seinem Laptop zusammengeschweißt auf Reisen… zur Verdauung schauen wir noch mal 'rüber zum "Lauffeuer" auf dem Schwarzenbergplatz und spazieren dann gemütlich durch die erleuchtete Dunkelheit zurück zum Steffl. Dort harrt tatsächlich noch ein weißer Fiaker nächtlicher Kundschaft, aber die Fotobedingungen sind doch eher "interessant" zu nennen… ein letzter Blick und ab in die U-Bahn und zu unseren ungemachten Betten (österreichischer Service hat sich wohl noch nicht bis San Francisco herumgesprochen?).


    Fortsetzung folgt...

  • Montag, 6. Juni 2005 - zum Schluß landen wir alle auf dem Friedhof…


    Nur noch ein einziger Vormittag in Wien! Um 16:15 Uhr geht mein Rückflug, d.h. ich muß spätestens um 14:30 Uhr von der Pension aus aufbrechen - aber bis dahin sind ja noch ein paar Stunden zu füllen. Aber eben auch nicht soo viele, d.h. wir finden uns alle nicht allzuspät nach 9 Uhr an den Frühstückstischchen wieder, während Hannes schon seit Stunden seine Straßenbahnrunden drehte (Reschpekt! gäääähn…). Die Sonne war auch noch nicht recht munter und zog sich nochmal ihre Wolkendecke über die Ohren, so daß es ein herrlich trüb-melancholischer Idealtag für den Zentralfriedhof war. Den kannten auch Uli&Volker noch nicht und hatten auch keine Alternativvorschläge. Außerdem fährt die Tramlinie 6 ja nicht nur direkt dorthin, sondern auch zur S7, die zum Flughafen fährt, so daß man sich schonmal die Örtlich- und Zeitlichkeiten anschauen kann. Während der Wartezeit auf unsere Bim-gleich-da wurde jeder Fahrer einer 67er Linie beäugt, ob nicht zufällig Hannes grad… aber nee, leider nicht. So zuckelten wir durch die Gegend und landeten kurz vor der Endhaltestelle am Tor 2, dem Haupteingang, wo angeblich Lagepläne ausliegen sollten, denn dieser zentrale Friedhof ist immerhin 2.4m² groß und selbst solche Größen wie Beethoven verlieren sich, zumal schon länger unter dieser Erde, doch ziemlich auf diesem Areal. Uli sucht also nach 'nem Plan und ich mal wieder nach 'nem Klo. Volker begeistert sich derweil an der magischen Tür der Friedhofsverwaltung.
    Trotz Plan haben wir immernoch keinen Plan, wo Herr Beethoven anzutreffen ist, und ich will ja eh lieber drauf los und Stimmungen von Verfall und Vergänglichkeit aufspüren… jetzt wäre ein Fotoapparat was Feines… und schwupps, halte ich Volkers Mini-Digi in Händen und vor Augen und nachdem ich merke, daß er immernoch auf Film-Sequenz eingestellt ist und ihn doch lieber auf simple Fotos umstellen lasse, stören nur noch die dicken Hippo-Pfoten vor dem Sensor die Foto-Freude.
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    Jo, hat was, so ein Friedhof, da gibt's nix! Ob seiner Riesigkeit braucht es zwar regelrechte Straßen, auf denen auch Autos und sogar Busse fahren (man muß ja schließlich zu Omma oder Beethoven erstmal hinkommen, auch wenn man nicht mehr gut zu Fuß ist) und Hinweisschilder zu den Sektionen 46, 47, 48… oder auch zum "Bio-Abfall" oder zur "Mistablagerung". Nett, so kann man das hier natürlich auch nennen… Zur Ablag… äh zur Beerdigung schritt auch gerade eine Prozession mit Würdenträgern vorneweg, Sargträgern dahinter und Trauer-Trägern hinterher - später kamen die Würdenträger dann munter plaudernd allein wieder zurück, the show must go on…
    Ich entdeckte auch eine Gedenkstätte für alle Opfer der Todesstrafe in USA (und alle gemetzelten Natives? Es war auch ein Indianer abgebildet..), aber da war die Digicam leider noch auf Film gestellt, wär so ein schönes Foto für den USA-Stammtisch geworden…


    Das persönliche Highlight ist dann der Buddhistische Friedhof, der gerade erst eine Woche vorher eingeweiht wurde! Ganz frisch - und wirklich gut gemacht! Die Salzburger Nachrichten berichteten:


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    "Buddhistischer Friedhof in Wien eröffnet

    24. Mai 2005 | 09:50

    Nach zwei Jahren Planungs- und Bauzeit wurde ein in Europa einzigartiges Projekt weltliche Wirklichkeit: Auf dem Wiener Zentralfriedhof wurde am Montagabend der buddhistische Friedhof eingeweiht. Die Grabstätte sorgte bereits im Vorfeld weltweit für Aufsehen. "Selbst in Buthan wurde darüber berichtet", so Johannes Kronika, Generalsekretär der Österreichischen Buddhistischen Religionsgemeinschaft.
    Herzstück der Anlage nahe des zweiten Tores bei der Lueger-Kirche ist ein traditioneller buddhistischer Sakralbau - eine so genannte Stupa -, in die am Montag von Mönchen Lehrreden aller in Österreich vertretenen buddhistischen Schulen eingemauert wurden. Als Architekt war Christof Riccabona für das Projekt verantwortlich, der am Zentralfriedhof bereits den "Park der Ruhe und Kraft" gestaltet hat.
    Die Gräberreihen sind in acht Segmenten sternförmig um den Stupa angeordnet. "Die acht Segmente stehen für den edlen achtfachen Pfad des Buddhismus", meinte der Generalsekretär. Der aus modernen Materialien gestaltete Sakralbau sei auch als Zeichen für diese Weltreligion im 21. Jahrhundert zu sehen: In seinen Inhalten traditionell, aber in seiner Erscheinungsform seiner Zeit angepasst, betonte Riccabona.
    Der eigene Bereich am Zentralfriedhof soll es den Mitgliedern der Religion erlauben, ungestört ihre eigenen Bestattungszeremonien abzuhalten. "Der Friedhof soll aber auch ein Platz zum Meditieren sein", meinte Kronika. Auch Schulungen und Zusammenkünfte sind geplant.
    "Extrawürste" bei der Bestattung gibt es für die Buddhisten aber nicht. Ebenso wie für alle anderen Österreicher können sie zwischen einer Einäscherung und einer Beerdigung wählen. "Rituale wie etwa in Tibet, wo Leichname auch an Geier verfüttert wurden, um die Vergänglichkeit aller Phänomene zu unterstreichen, sind nicht geplant", schmunzelte der Generalsekretär.
    © SN/APA."


    Nichtmal "Bhutan" können sie richtig schreiben, aber sonst ein netter Artikel…
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    Ich war vor allem über die Tafel im Eingangstor entzückt, wo sogar die korrekten Pali-Begriffe der Vier Edlen Weisheiten, des Edlen Achtfachen Pfades und der 12 Glieder der Kette bedingten Entstehens genannt sind (der Buddha lehrte schließlich nicht in Sanskrit, sondern eben in der damals üblichen Umgangssprache, die heute ebenso umgangssprachlich Pali genannt wird)(wen's denn interessiert: Palikanon, teilweise aber mit Vorsicht zu genießen - nicht überall, wo Buddha draufsteht, ist auch Buddha drin…).
    Ja. schön also, aber wo lagert denn nun Herr Beethoven? Und, wichtiger noch, wo ist das nächste WC?
    Wir streifen kreuz und quer durch die Gegend, bis wir nach und nach alles Gewünschte finden.
    Und dann reicht's und auch mit Melancholie und Totenkult. Außerdem fängt's an zu regnen, also nix wie zurück zur Pension (ich hatte heut morgen schon bezahlt und meinen Rucksack bei Uli&Volker untergestellt), Gepäck geschnappt und 'runter zu Segafredo auf einen Latte Macchiato und ein Tirami Su. Abschiedsstimmung. Uli&Volker sind auch recht platt, aber wer auf eigene Gefahr mit Traude SMSt, der kriegt halt noch ein nachmittägliches Date. Aber erstmal liefern sie mich bei der Straßenbahn ab und es heißt mal wieder "servus und baba" - macht's gut, ihr Lieben, es war so schön…
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    den heroischen Kampf mit dem Fahrkartenautomaten (hätte ich damals am Flughafen doch bloß aufgepaßt, wie der Mensch der Kiste das 1,50 Ticket entlockt hat!) muß ich dann ganz alleine bestehen… prompt kommt ein Kontrolleur - und heißt mein Werk gut, püh… ich mußte aber ganz schön auf die S7 warten - und dann im Flughafen noch 'rauskriegen, wie oder wo ich hier überhaupt einchecken kann… keine LH-Automaten… aha! die von Austrian Airlines sollen meine Miles&More Karte auch schlucken! Aber wie… ah - so geht das… jedenfalls ist keine Zeit mehr für ein paar erhoffte Pommes und während des Fluges gibt's ja wieder bloß die Schoko-Waffel.
    In Berlin wache ich dann aus einem schönen Wiener Traum auf - SAUKÄLTE! Ich will zurück!!! Aus Verzweiflung steuere ich am Kurt-Schuhmacher-Platz den Burger King an und schaue bei Pommes&Co wehmütig den zum Greifen nahen Landungsanflügen zu… das war's, vorbei, finit, the end… was auch immer entstanden ist, muß auch wieder vergehen…


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    ba ba.


  • Hippo,


    du bekommst eine römische Eins für deinen Bericht. :011[1]:
    Bin ich froh das Bhutan in den Salzburger Nachrichten falsch stand und nicht in einer Wiener Zeitung.


    Liebe Grüße aus dem kalten Wien
    Traude


    Buff
    schau einmal auf der Seite usa-freunde.de nach.Da sind Bilder von allen Treffen zu sehen. Ob auch noch die Namen dabei sind wie früher weis ich nicht.

  • Zitat

    Original von Buff
    Hallo Hippo,


    schöner Bericht und tolle Fotos. :011[1]:
    Da sieht man mal einige Leute in echt, von denen man bisher nur die die Avatare kannte.


    Komplimente für die Fotos bitte an Volker und Traude :] (naja, von einigen Hippo-Pfoten-Ausnahmen mal abgesehen)


    ...aber stimmt, ich hab im real life gar keine pinkfarbige Plüsch-Schnauze... :D

  • Also das war ja ein superspitzenmässiger Bericht Bärbel!
    Fast so als wäre ich live dabei gewesen! :D
    Wie ich sehe hast du dich ja in Wien pudel (äh..hippo-)wohl gefühlt, ich glaube wir werden uns bald wiedersehen! :011[1]:

  • Dank an alle Fans :]


    Zitat

    Original von Juergen
    Fast so als wäre ich live dabei gewesen! :D


    :tongue: noch so einer, der seine (in diesem Fall ja eher Nachbar) Stadt wiedererkannt hat :D


    Zitat


    Wie ich sehe hast du dich ja in Wien pudel (äh..hippo-)wohl gefühlt, ich glaube wir werden uns bald wiedersehen! :011[1]:


    jo, gerne, aber dann könnt ihr mir ja auch mal Bärlin zeigen... ich wüßte immernoch nicht, wo ich euch hier hin- und 'rumführen sollte...


    (und übrigens, der T.G.I. Friday's in Berlin hat zugemacht, also nich mal das wär ein Anlaufpunkt...)


    habe die Ehre,
    Bärbel

  • Bärbel, mach Dir keinen Kopf was es in Berlin alles zusehen gibt. Musst nur uns fragen. Wir sind ja an dem Wochenende als wir Dich besucht haben regelrecht von Sehenswürdigkeiten erschlagen worden.

  • Zitat

    Original von Nicole
    Bärbel, mach Dir keinen Kopf was es in Berlin alles zusehen gibt. Musst nur uns fragen. Wir sind ja an dem Wochenende als wir Dich besucht haben regelrecht von Sehenswürdigkeiten erschlagen worden.


    Ah, wunderbar! Dann hoffe ich mal arg, daß ihr dabei sein könnt, falls es denn mal eine Berliner Stammtischrunde geben wird... andererseits müßte dann für euch ja auch was neues dabei sein... :7[2]:


    Ach, was soll's, plant doch erstmal München... 8)

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