Ein völlig überflüssiger Reisebericht mit Nachttopf
Kann man eigentlich noch einen Reisebericht schreiben, wenn das Objekt scheinbar schon so bekannt ist wie ein bunter Hund? Versuchen wirs mal, es kann ja nur schiefgehen!
Heute solls der Horse Canyon sein, ein Teil des Canyonland National Parks und um genauer zu sein, Teil der Needles Area. Beschreibungen findet man im Internet zuhauf. Trotzdem noch ein Bericht? Ja, trotzdem!
Der Canyon gehört zu der Gruppe, die südlich der UT 211 liegen und deren Quellgebiete am Rand der über 2.600 Meter hohen Elk Ridge zu suchen sind. In erster Linie sind das Davis Canyon, Horse Canyon, Salt Creek Canyon und Lavender Canyon. Sie schneiden in die Nordflanke des Monument Upwarps ein, legen dabei die farbenprächtigen Sandsteinschichten frei, die typisch für die Needles Area sind. Anders jedoch als z.B. im Chesler Park ist hier die Erosion noch nicht so weit fortgeschritten, die Wände noch nicht zu einzelnen Säulen separiert. Die Canyons sind nicht trocken, sodass es relativ üppige Vegetation gibt. Ein phantastischer Kontrast zu den roten, gelben und weissen Felsstrukturen unter tiefblauem Himmel. Manche Stellen sind eine wirkliche Farbenorgie. Je nach Jahreszeit und Feutigkeit kann es sogar streckenweise kleine Wasserläufe geben, die im Salt Creek Canyon auch grössere Pools bilden.
Die Anfahrt erfolgt wieder einmal über die US 191, bis zur Abzweigung am Church Rock und dann über die UT 211 vorbei an Newspaper Rock und den Sixshootern zum Visitors Center der Needles Area. Ein Permit wird benötigt und es gibt nur eine streng limitierte Anzahl pro Tag. Ein 4WD ist vorgeschrieben. In der Hochsaison am Wochenende ist gelegentlich ausverkauft. Mit dem Permit erhält man eine lange Liste von Verhaltensmassregeln, die Europäern gelegentlich etwas kurios erscheinen - "no firearms!". Dann gibts noch den unvermeidlichen Code des Tages, denn der Trail ist - zusammen mit der Zufahrt zum Salt Creek Canyon - mit einem schweren Eisengate gesichert. Nun kanns losgehen!
Der Weg geht nur wenige hundert Meter vom Visitors Center nach Süden von der UT 211 ab, die im Park eigentlich nicht mehr so heisst (aber lassen wir es der Einfachheit halber dabei). Erst ein recht guter Weg, wird es hinter besagtem Gate etwas rauher, aber nicht wirklich schlimm. Auf dem ersten Stück ist der Salt Creek Canyon eher ein flacher Einschnitt im Gelände. Horse Canyon ist ein Tributary (eigentlich "Nebenfluss"), der Abzweig weiter oben. Sandig wird es, sehr sandig sogar! Keine Angst, Quicksand ist da nicht, aber gelegentlich bestimmt mehr das Fahrzeug die Richtung denn der Fahrer. Nicht zu schnell und nicht zu langsam, das muss die Devise sein. Wer kann, sollte einen Tag nach einem Regen nehmen, dann ist der Sand feuchter und damit tragfähiger. Wenn man trotzdem steckenbleiben sollte - auch hier patroullieren Ranger. Aber sowas lässt doch unser Stolz nicht zu, da machen wir unser Gefährt doch selbst wieder flott! Wozu haben wir denn die Schaufel und Wagenheber dabei!
Noch ein Tip: im Sand fährt es sich leichter, wenn man den Luftdruck der Reifen vermindert. Runter von den üblichen 32 - 35 psi auf unter 20 psi, im Notfall sogar bis auf 10 - 12 psi. Das geht natürlich nur, wenn man einen kleinen Elektrokompressor ab Bord hat, mit dem wir die Reifen für den Teer wieder füllen können, sonst würden sie unweigerlich mach kurzer, schneller Fahrt zerstört. abgesehen davon wäre das Fahrverhalten des Fahrzeugs besorgniserregend. Vorsicht - Luftdruckverminderung bedeutet auch geringere Bodenfreiheit. Man bekommt halt nichts geschenkt.
Dann ein Holzschild - rechts in den Salt Creek Canyon, links zum Horse Canyon. Also gehts links entlang. Der Canyon wird tiefer, wir fahren eigentlich immer im sandigen Bett des Washes. Die Landschaft wandelt sich zu dramatisch schön! Fährt man nach dem Mittag hinein, bekommt man auf dem Rückweg ein phantastisches Licht auf den östlichen Wänden.
Dann ist er plötzlich da - der gigantische Nachttopf! Offiziell benannt als Paul Bunyans Potty. Kennen Sie Paul Bunyan, the giant lumberjack? Nein, hier können Sie nachlesen! Der Nachttopf ist geologisch ein Jump, dessen Decke im hinteren teil vom gelegentlich fliessenden wasser durchbrochen wurde. Wasserspülung sozusagen. Genial! Ein Stück weiter wieder ein Hinweisschild zu der Tower Ruin, einer Anasazi - Ruine hoch oben in einem Alkoven. Das Ganze an einer weiten Ausbuchtung des Canyons mit flachem Boden und besonders im Frühling reich blühend. Schon die Anasazi schätzen offenbar gute Wohnlagen. Ob die Ruine Tower Ruin genannt wird, weil, sie tatsächlich eine Art Turm hat oder wegen des gigantischen Felstowers, der vor der Höhle steht? Dieser Tower bildete einst den einen Pfeiler eines wohl gigantischen Bogen, der den Weg der Erosion ging.
Weiter gehts und enger wird das Tal. Deswegen nicht weniger sandig. Wieder ein Schild und diesmal sollen sie laufen. Bei der Hitze? Tun Sie es sich an, Sie sind doch kein Waschlappen. Die 500 Meter können Sie doch nicht aus den Schuhen kippen! Der Trail geht durch niedriges Gehölz, links eine Felswand. Teils kräftig unterhöhlt. Nichts, was uns wirklich interessiert; das Interessante liegt rechter Hand oben auf den Cliffs und in einiger Entfernung! Sehen Sie es? Da ist es - Fortress Arch! Ein mächtig breiter Bogen und unglaublich dünn! Gut Landscape Arch ist grösser, aber der hier verdient auch Beachtung! Schade nur, dass man hier nachmittags gegen die Sonne schauen muss!
Zurück zum Auto! Sie sollten mal was trinken, ihr Kopf leuchtet ja wie eine Erdbeere! Nichts mehr gewohnt, Sie Stadtmensch!
Weiter gehts, der befahrbare Teil des Canyons neigt sich dem Ende zu. Hier könnte man noch ein ganzes Stück weiterkommen - allerdings zu Fuss! Nein? Na, dann suchen wir mal diesen netten Picknickplatz ganz nahe an der westlichen felswand unter grossen Bäumen und mit Blick auf die farbigen Felsen. Lunchbreak! Eigentlich zu spät, aber was solls!
Lassen Sie es auf dem Rückweg langsam angehen. Die Landschaft ändert am späteren Nachmittag andauernd ihr Aussehen und wird mit tiefer stehender Sonne immer beeindruckender. Schade, wenn man nicht genug Film oder Speicher dabei hat. Nur Tower Ruin und ihr Park verlieren durch lange Schatten etwas. Doch dahinter - da gibts noch was! Paul Bunyans Töpfchen ist nicht das Einzige! Suchen Sie mal, da gibts noch mehr von gleicher Machart!
Die Sonne geht bald unter, der Rückweg ist angesagt! Haben Sie den Code noch? Sie wollen doch auch wieder raus oder?
© RRS 2005
