Bekanntlich führen mit dem South Kaibab und dem Bright Angel Trail zwei populäre Wanderwege vom South Rim in den Grand Canyon hinein und wieder heraus. Das Problem: Knapp 17 Meilen Fußweg, 1.500 Höhenmeter und brütende Hitze im Innern des Canyons. Als Tagestour sollte man sich das nur in Bestform und bei kühlem Wetter antun.
Was also, wenn man in den Canyon wandern, aber nicht unten an der Phantom Ranch übernachten oder den Bright Angel Trail runter- und wieder rauflaufen will, wie es die meisten Wanderer tun? Die Lösung ist der Tonto Trail. Der zieht sich über 70 Meilen auf einem Plateau ungefähr 500 Meter über dem Colorado den South Rim entlang und verbindet auf einem gut 4 Meilen langen Teilstück South Kaibab und Bright Angel Trail. So kommt man auf einen Rundweg von etwa 14 Meilen, mit 22 Kilometern also eine Distanz, die sich von durchschnittlich fitten Wanderern schön an einem Tag bewältigen lässt. Seltsamerweise gibt es kaum Beschreibungen im Web – also folgt mir einfach auf diese Tour...
Los geht’s um 6 Uhr früh am Shuttlebus-Stopp vor der Bright Angel Lodge. Hier fährt während der Hauptsaison um 5, 6 und 7 Uhr ein Hiker's Express ohne Umsteigen zum Trailhead des South Kaibab Trail. Sehr praktisch das. Die Info haben wir der Parkzeitung entnommen. Etwa 20 Minuten dauert die Fahrt. Am Straßenrand beobachten wir in der Dämmerung Rehe beim Frühstück.
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Am Trailhead gibt es eine Toilette, Telefon sowie einen Wasserhahn zum Auffüllen der Trinkflaschen. Das ist die einzige Gelegenheit auf dem ganzen South Kaibab Trail, an Wasser zu kommen. Wir fühlen uns allerdings schon gut versorgt.
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Kurz nach halb sieben beginnen wir den Abstieg, der direkt in steilen Serpentinen losgeht. Mittlerweile leuchten die ersten Bergspitzen rosa in der Morgensonne. Nach den ersten Metern spüren wir einen plötzlichen Temperaturanstieg. Die kalte Luft hat sich heute Nacht wie eine Glocke über den Canyon gelegt. In dem hat sich die Hitze gestaut – Inversionswetterlage nennt man das wohl.
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Nach 20 Minuten ist Ooh Aah Point erreicht, ein hübscher Aussichtspunkt, der sich für eine kurze Wanderung anbietet, wenn man einfach nur mal in den Canyon hineinschnuppern mag. Wir rasten hier eine Weile zum Frühstücken und um etwas Luft zu den anderen Wanderern zu bekommen.
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Nach 1,5 Meilen, auf denen wir bereits 300 Höhenmeter hinab gestiegen sind, kommen wir zur Cedar Ridge, einem kleinen Plateau, das ein beliebter Rastplatz ist, gibt es hier doch ein Plumpsklo. Die Aussicht nach Westen in den Canyon ist atemberaubend, toll das Spiel aus Licht und Schatten in der aufgehenden Sonne. Und wir befinden uns in einer völlig anderen Vegetationszone als noch vor einer guten halben Stunde. Die Bäume sind Kakteen und Sträuchern gewichen, der typischen Wüstenflora eben.
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Bis zum Skeleton Point ist der Weg nun recht angenehm zu laufen, es geht ausnahmsweise recht flach voran. Um 8 Uhr haben wir den Punkt erreicht, von dem aus wir das einzige Mal den Colorado tief unter uns rauschen sehen – und hören. Danach kommen wieder – man ahnt es schon – extrem steile Serpentinen. Die liegen in der prallen Sonne, wie überhaupt das Thema „Schatten“ seit der Cedar Ridge erledigt ist. Nun haben wir bereits den halben Weg zur Phantom Ranch hinter uns gebracht. Die ist aber nicht das Ziel, wir wollen ja nicht bis zum Colorado absteigen.
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Nach zwei Stunden, 4,4 Meilen und 1.000 Höhenmetern erreichen wir wieder einen Rastplatz mit Kompost-Klo. Der South Kaibab Trail schraubt sich danach über den „Tipp Off Point“ tiefer in die „Inner Gorge“ und zum Fluss hinab. Wir biegen aber an einem leicht zu übersehenden Holzschild auf einen schmalen Pfad ab – den Tonto Trail.
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Der Tonto Trail wird nicht unterhalten, hat keinerlei Infrastruktur und weniger regelmäßig begangene Abschnitte wuchern schon mal zu. Zwischen South Kaibab und Bright Angel Trail hat man dieses Problem logischerweise nicht. Der sandige Weg ist trotzdem sehr schmal und es ist keine gute Idee von mir, ausgerechnet jetzt die Beine von meiner Wanderhose abzunehmen. Alles, was hier wächst, hat Stacheln.
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Hinter einem Felsen entdecken wir eine schattige Stelle und legen eine kleine Pause ein, da wir bis Indian Garden nicht mehr mit Schatten rechnen – und der ist weitere 4,4 Meilen entfernt. Die Sonne steht uns zum Glück im Rücken, allerdings ist es brütend heiß geworden. Von der Hitze abgesehen stellt der Trail hier unten aber keine besonderen Anforderungen an den Körper. Es geht mäßig auf und ab, insgesamt 200 Höhenmeter.
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Die Aussicht vom Tonto Trail ist toll! Man ist eben mitten im Grand Canyon – genau das Gefühl, das ich mir von dieser Wanderung versprochen habe. Hier bekommt man einen Eindruck von den Dimensionen dieser Schlucht, den man von den Aussichtspunkten am Canyonrand nie im Leben erfahren würde. Zu sehr verzerrt der Blick von oben die Perspektive, lässt tiefe Seitencanyons unscheinbar und gigantische Felsen mickrig wirken.
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Der Trail schlängelt sich logischerweise jeden Einschnitt in das Tonto Plateau entlang. Zwei mal überqueren wir dabei kleine Bäche, an deren Ufer Bäume und Schilf ein Dickicht bilden, das wir hier unten in der Wüste nie erwartet hätten. Eine solche Oase nutzen wir zu einer kurzen Pause. Bei der zweiten Bachquerung treffen wir zwei Frauen, die einzigen beiden Menschen, denen wir auf dem Tonto Trail begegnen.
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Der Weg zieht sich gefühlt dann doch ganz schön in der sengenden Sonne und wir sind froh, als irgendwann der Trampelpfad zum Plateau Point ins Blickfeld kommt. Indian Garden kann nicht mehr weit sein!
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0,3 Meilen zeigt ein Wegweiser an der Einmündung zum Bright Angel Trail bis zum Indian Garden an – was für eine Erlösung. Ich schütte mir die eiserne Wasserreserve in den Hals. Um 11 Uhr haben wir es geschafft, Indian Garden ist erreicht. 25°C im Schatten zeigt das Thermometer. In der Sonne sind es sicher 40!
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Wir finden ein ruhiges Plätzchen direkt am Bright Angel Creek, der hier zu einem kleinen Teich gestaut ist. Rucksäcke abgesetzt, Schuhe und Socken ausgezogen – nichts wie ab ins Wasser! Die Erfrischung ist unbezahlbar, ich bleibe fast 45 Minuten mit den Füßen im Bach sitzen. Das Paradies kann kaum schöner sein.
Im Indian Garden herrscht ganz schön Betrieb. Um die Mittagszeit kommen viele Wanderer vom Rim nun hier unten an. Andere ruhen sich im Schatten aus, bevor sie sich an den weiteren Aufstieg machen. Wir wollen nicht viel Zeit verlieren und nehmen es in Kauf, die letzten 5 Meilen in der Mittagshitze zu wandern.
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Eine fast 1.000 Meter hohe Felswand erwartet uns. Von unten betrachtet eine echte Herausforderung. Aber wie sagt der Philosoph? Jede Wanderung beginnt mit dem ersten Schritt. Also setzen wir einen Fuß vor den anderen. Immer wieder. Bis zum 3 Mile Rest House kommen wir gut voran und verzichten darauf, noch mal die Wasserflaschen zu füllen. Erst am 1,5 Mile Rest House tanken wir nach. Insgesamt habe ich um die 5,5 Liter getrunken auf der Wanderung, dazu gesalzene Nüsse, Beef Jerky und ein paar Müsliriegel gegessen. Vor allem Salz zu sich zu nehmen, ist im Grand Canyon extrem wichtig. Sonst nützt alles Wasser nichts, man schwitzt die Elektrolyte grad so wieder raus.
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Im Vergleich zum South Kaibab Trail ist der Bright Angel Trail fast schon überlaufen. Dazu muss man ständig schauen, nicht in die stinkenden Hinterlassenschaften der Mulis zu treten. Deren Verdauung scheint mir sehr ineffizient zu sein, denn das Gras kommt hinten teilweise so grün raus, wie es vorne rein gegangen ist. Nur dass es stinkt...
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Die letzten 1,5 Meilen ziehen sich dann noch mal wie Kaugummi. Man hat den Canyonrand ja schon lange vor Augen und denkt immer, nach der nächsten Kurve müsste doch das Ende des Weges erreicht sein. Und dann folgt noch eine Serpentine und noch eine Serpentine... Das Schuhwerk der Leute, die man nun trifft, lässt allerdings keinen anderen Schluss zu als den, dass wir uns wirklich der Bright Angel Lodge nähern müssen, denn mehr als ein paar hundert Meter kommt man mit Riemchensandalen und Lederslippern auf diesem Weg nun wirklich nicht weit. Da können die Ranger noch so viele Schilder aufstellen, die Idioten in den Nationalparks werden einfach nicht weniger.
Um 14.30 Uhr haben wir es dann geschafft - High Five!
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Fazit:
Für geübte Wanderer eine absolut empfehlenswerte Tagestour. Aber Vorsicht, der Amerikaner würde sagen: „ No Walk in the Park“. Man darf vor allem die Hitze nicht unterschätzen. Bei über 30°C möchte ich nicht auf dem Tonto Trail unterwegs sein. Und 1.000 Höhenmeter Aufstieg am Ende der Wanderung ist auch kein Pappenstiel. Es ist körperlich und psychisch ungewohnt, anders als bei einer Bergwanderung den anstrengendsten Teil des Weges am Schluss bewältigen zu müssen – noch dazu wo die Luft mit jedem Schritt dünner wird. Das gilt natürlich für alle Wanderungen in den Grand Canyon.
Der South Kaibab Trail ist weniger bevölkert und steiler als der Bright Angel Trail. Und er bietet die viel schönere Aussicht! Der BAT verläuft ja in einem Seitencanyon und man sieht nur einen sehr kleinen Ausschnitt des Grand Canyon. Der SKT folgt dagegen einem Grat mit entsprechendem 360°-Blick. Schon allein diesen genießen zu dürfen, macht die Tour lohnenswert.
Noch mehr Fotos von dieser Wanderung gibt es in meinem TravelPod-Blog: klick.